Onlinebasierte Werkzeuge und Social-Media-Anwendungen sind aus dem akademischen Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Arbeitspraktiken von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen sind heute auf vielfältige Weise digital durchsetzt und ohne den Zugang zum Internet meist gar nicht mehr vorstellbar. Vor allem die Möglichkeiten der sogenannten Sozialen Medien erweitern den gängigen Arbeits- und Kommunikationsradius und verlagern Arbeitsprozesse zunehmend in den virtuellen Raum. Die dabei entstehenden neuen Kollaborations- und Arbeitsformen werden das Erscheinungsbild der Wissenschaft auch zukünftig weiter beeinflussen und prägen.
Einen ersten zentralen Schritt zur Dokumentation dieser Veränderungen stellt die Untersuchung von Entwicklungen und Tendenzen in der Verbreitung und Nutzung von digitalen Technologien im wissenschaftlichen Arbeitsalltag dar. Im Rahmen des Leibniz-Forschungsverbunds Science 2.0 hat das Projekt „Science 2.0-Survey“ im Sommer 2014 bereits zum zweiten Mal eine bundesweite Online-Befragung von Wissenschaftler/-innen zum Einsatz von Social Media und onlinebasierten Anwendungen in der Wissenschaft durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie, für die insgesamt 1.419 gültige Datensätze ausgewertet wurden, liegen nun in Form eines Datenreports vor und erlauben erneut einen aufschlussreichen Blick in den digitalen Werkzeugkasten der Wissenschaft. Dieser lässt sich kurz folgendermaßen beschreiben:
1. Die Wikipedia fehlt (fast) nie
98 Prozent der befragten Wissenschaftler/-innen nutzen die Wikipedia, 96 Prozent davon auch im Arbeitskontext. Damit lässt sich von einer flächendeckenden Nutzung der Wikipedia sprechen. Ihr Haupteinsatzfeld ist dabei die Forschung (64%), wo sie insbesondere als Recherchewerkzeug dient.
2. Cloud-Dienste sind inzwischen ein weit verbreitetes Universalwerkzeug
Cloud-Dienste, wie Dropbox, stehen bei Wissenschaftler/-innen ebenfalls hoch im Kurs: 77 Prozent der befragten Wissenschaftler/-innen nutzen sie, 91 Prozent davon auch für die wissenschaftliche Arbeit. Dabei erweisen sich Cloud-Dienste als ausgeprägtes Allround-Werkzeug, das neben der Forschung (41%) auch in der Lehre (26%) sowie für Wissenschaftsadministrative (20%) und wissenschaftskommunikative Zwecke (26%) Verwendung findet. Ähnlich breit aufgestellt sind nur Terminierungs- und Koordinationstools, die aber insgesamt weniger stark verbreitet sind (43% berufliche Nutzung).
3. Wikis und Weblogs sind vor allem Recherchewerkzeuge – die passive Nutzung steht im Vordergrund
Neben der Wikipedia haben sich Wikis allgemein gut in der Wissenschaft etabliert. Knapp 57 Prozent der befragten Wissenschaftler/-innen nutzen sie beruflich. Dabei werden Wikis meist für Recherchen bzw. zur Informationsgewinnung eingesetzt. Bearbeitet werden Wiki-Seiten nur von einem Drittel der beruflichen Nutzer/-innen. Ähnliches gilt für Weblogs: Hier verfasst nur ein gutes Viertel der 24 Prozent beruflichen Nutzer/-innen eigene Beiträge. Der Nutzungsschwerpunkt von Weblogs liegt dabei in der Forschung (13%). Erst an zweiter Stelle folgt die Wissenschaftskommunikation mit 9 Prozent Nutzungsanteil. Im Forschungskontext werden Weblogs von über 80 Prozent der entsprechenden Nutzer/-innen zu Recherchezwecken herangezogen.
4. Als Werkzeug der Wissenschaftskommunikation dominieren weiterhin Mailinglisten
Für die Wissenschaftskommunikation werden weiterhin vor allem klassische Werkzeuge wie Mailinglisten (41%) eingesetzt. Überhaupt sind Mailinglisten ein favorisiertes Werkzeug unter Wissenschaftler/-innen (76% berufliche Nutzung). Typische Social-Media-Anwendungen wie Mikroblogs (Twitter) werden hingegen nur von einer Minderheit der Befragten Wissenschaftler/-innen (5%) im Kontext der Wissenschaftskommunikation genutzt. Gleichwohl stellt die Wissenschaftskommunikation das Haupteinsatzfeld für Mikroblogs dar (im Vergleich – Forschung: 4%, Lehre: 2%, Administration: <1%). Anders liegt der Fall bei Social Network Sites mit beruflicher und/oder wissenschaftlicher Ausrichtung, die mit 30 Prozent Nutzungsanteil vergleichsweise häufig für Zwecke der Wissenschaftskommunikation zum Einsatz kommen. Sie dienen dann insbesondere der Darstellung der eigenen Person im Netz sowie der Verbreitung von wichtigen Terminen und Hinweisen.
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass digitale Werkzeuge und auch die Sozialen Medien durchaus in der Wissenschaft angekommen sind. Gegenüber der Vorjahresstudie lassen sich nur kleinere Veränderungen ausmachen. So nimmt die wissenschaftliche Nutzung von Cloud-Diensten, Wikis und Weblogs leicht zu, während die Nutzung von Social Network Sites und Mikroblogs (Twitter) leicht rückläufig ist (je 2-3 Prozentpunkte).
Die bundesweite Studie zur wissenschaftsbezogenen Nutzung onlinebasierter Werkzeuge und Social Media-Anwendungen (Science 2.0-Survey) wurde vom Medienzentrum der TU Dresden im Rahmen des ESF-Projekts „eScience – Forschungsnetzwerk Sachsen“ in Kooperation mit dem Leibniz-Forschungsverbund Science 2.0 im Zeitraum 23. Juni 2014 bis 20. Juli 2014 durchgeführt. Der aktuelle Datenreport 2014 ist unter dem Titel
„Nutzung von Social Media und onlinebasierten Anwendungen in der Wissenschaft“ als Online-Dokument auf dem Open Access-Server Qucosa zum Download abrufbar. Dort kann auch der bundesweite Datenreport 2013 heruntergeladen werden.
Am Projekt waren neben dem Medienzentrum der TU Dresden auch Wissenschaftler/-innen des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft Berlin (HIIG), des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen (MCM-HSG), des Leibniz-Informationszentrums Lebenswissenschaften (ZB MED), des Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft (ZBW) sowie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) beteiligt.